KI beherrschen oder abschalten?
Ethan Hunt in MI7 gegen die Entität
Hollywood ist Hollywood. Aber oft nah dran an der Realität. Doch welche Botschaft sollen wir aus dem Kino mitnehmen, nachdem wir „Mission Impossible – Dead Reckogning Teil 1“ gesehen haben? Der geneigte Zuschauer wird mit einem diffusen Bild verwirrt zurückgelassen. Oder doch nicht?
Im siebten Teil von Mission Impossible bekommt es Ethan Hunt, alias Tom Cruise, mit einer mächtigen KI zu tun – der „Entität“. Soweit so aktuell. Und doch so enttäuschend, denn die Darstellung der Künstlichen Intelligenz in dem Blockbuster ist sehr holzschnittartig. Unnötig. Vielleicht ist es doch keine gute Idee mit dem Dreh zu beginnen, wenn die Drehbücher noch nicht fertig sind. Im Zweifel zeigt die Kamera an der Decke eine Art neurologische Animation -stellvertretend für die Aktivitäten der KI. Das kann auch jedes C-Picture.
Warum es sich dennoch lohnt, an dieser Stelle einige Impulse von MI7 aufzugreifen? Vielleicht weil mit etwas gutem Willen dennoch einige interessante Fragen in der epischen Story aufgeworfen werden – trotz des Versagens, diese überzeugend zu visualisieren.
Ethan Hunt ist eine Gefahr für die KI, die wiederum vielen Ländern gefährlich wird, denn er würde die KI ausschalten. Alle anderen Protagonisten erkennen ebenfalls die Bedrohung, wollen die Entität aber nicht ausschalten sondern beherrschen – zu ihrem Nutzen! Und das Drehbuch versteigt sich sogar zu einer Szene, in denen ein US-Geheimdienstler beklagt, dass kein Verbündeter, auch nicht die Deutschen (!) ein Wort der Warnung ausgesprochen hätten – denn alle denken nur egoistisch an den Schlüssel zu Entität – der ominösen, gefährlichen KI.
Die Renaissance der Schreibmaschinen im Geheimdienst
Die Spoiler-Gefahr besteht konkret nicht, denn der erste, überlange Teil von MI7 endet so abrupt wie willkürlich. Kein Cliffhanger. Einfach ein epischer Abspann. Wie es mit der KI weitergeht erfahren wir in einem Jahr. Jetzt muss man wissen, dass beide Teile längst und seit langem abgedreht sind und die Drehbücher oder die Story-Idee noch älter ist. Der zweite Teil des Action-Films wird also vermutlich kaum näher dran sein an der gegenwärtigen Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Oder ist das ein Irrtum? Oft sind die Drehbuchautoren vermeintlich sehr futuristischer Plots ja ihrer Zeit um Jahre voraus.
Eine der interessantesten Szene von MI 7 wirkt fast schon surreal. In einer riesigen Halle sehen wir endlose Schreibtischreihen mit amerikanischen Geheimdienst-Mitarbeitern, die -ohne gefährlichen Internet-Zugang- wichtige Dokumente mit Schreibmaschinen abtippen. Muss gar nicht so einfach gewesen sein, tausende Schreibmaschinen aufzutreiben. Und jüngeren Agenten zu erklären, was das ist und wie der gute alte Typewriter funktioniert.
Die Botschaft ist aber spannend. Wenn die KI autonom wird, anfängt sich abzunabeln und Gefühle zu entwickeln, dann hilft in der Welt der Geheimdienste nur ein vollständig analoges Szenario. Und bei uns „Normalos“? Selbst wenn wir noch eine alte Schreibmaschine aus Jugendtagen im Keller haben, fehlt irgendwie die Fantasie wie wir uns von der digitalen Welt und der böse gewordenen KI entkoppeln sollen.
Gemeinsamer, internationaler Wertekanon?
Betrachten wir einmal die Film-Botschaften etwas abstrakter: Wie verhindern wir, dass die Künstliche Intelligenz sich von der Werkzeug-Rolle lossagt und in einer Art Unabhängigkeitsdrang frei dreht und zur Bedrohung wird? Und haben wir eigentlich global, aber auch unter befreundeten Staaten, einen gemeinsamen Wertekanon im Hinblick auf KI oder versucht jeder Staat, wie im MI-Drehbuch, die Beherrschung der KI zu erlangen. Nicht um die eigenen Interessen und Bürger zu schützen, sondern um einen „unfairen“ Vorteil zu erlangen? Pfui. Und zu guter Letzt ist es durchaus spannend, wenn hier KI wie ein supermächtiger Hacker dargestellt wird. Die gerade gehypten KI-Modelle wie ChatGPT wurden zwar auf Basis von Internetinhalten trainiert, sind aber ja eher Offline-Superhirne als Live-Jongleure des Internets. Oder täuscht das ebenfalls?
MI 7 spielt in der Welt der Geheimdienste. Das IMF untersteht direkt dem US-Präsidenten. Auch die Amerikaner wollen die KI, die schon ein russisches Tarnkappen-U-Boot versenkt hat, unter ihre Kontrolle bringen. Nicht etwa abschalten oder „entwaffnen“. Es fehlt nicht viel Fantasie -auch angesichts des dramatischen Kriegs in der Ukraine- zu vermuten, dass KI, wenn sie einen Vorteil bringt, zum Einsatz kommt – unabhängig jeder rechtlichen und moralischen Fragen. Zum Beispiel bei der Steuerung von militärischen Drohnen oder der Lagebewertung, die zum tödlichen Abschuss führen kann.
Innovationskraft in Kriegszeiten
Die Kollegen vom Handelsblatt thematisieren die Innovationskraft in Kriegszeiten – auch im Hinblick auf die KI-Nutzung. Man kann dagegenhalten -ohne in der Gefahr zu stehen ein Verschwörungstheoretiker zu sein- dass die jahrzehntelangen Forschungen und Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz auch maßgeblich in der Dunkelzone von Militär und Geheimdiensten stattgefunden haben – und auch die Milliarden Forschungsgelder irgendwie mit militärischem und sicherheitsstrategischem Nutzen begründet waren. Wundern sollte das nicht. Ein Blick auf die jahrelange KI-Nutzung in Israel, UK, China und den USA zeigt, dass zumindest Aspekte wie Gesichtserkennung und Lageeinschätzungen schon lange etabliert und ausgereift sind. Wollen wir den Rest wissen? Diese Informationen könnten uns „verunsichern“ – um einmal den Ex-Innenminister de Maiziere zu zitieren.
Diese Grau- oder Dunkelzone wird aber durchaus verunsichernd, wenn man bedenkt, dass die Politik gerade um Regeln im Umgang mit -vor allem- Generativer KI ringt – der dynamischen Technologieentwicklung aber eigentlich immer einen Schritt zurück ist. Kann man sich da vorstellen, dass Regierungen den KI-Einsatz für Militär und Sicherheitsbehörden souverän im Griff haben? Und braucht es nicht umso dringender eine internationale Aufsichtsbehörde mit umfassenden Befugnissen? Eins dürfte klar sein – die unrealistischste Passage im Hollywood-Drehbuch von MI7 ist nicht die holzschnittartig dargestellte KI, sondern die Rolle des IMF-Agenten Ethan Hunt, der sogar gegen die eigene Regierung agiert, um die KI abzuschalten.
Im Wege einer notwendigen gesellschaftlichen Debatte wäre es wünschenswert auch über die ethischen Grenzen des KI-Einsatzes zu Militär- und Sicherheitszwecken zu sprechen. Bislang erfolgt dies jedoch nur in Fachkreisen oder hinter verschlossenen Türen. Autonome KI-gesteuerte Kampfdrohnen sind sicherlich eine erste, greifbare, Grenzüberschreitung. Das Spektrum ist wesentlich breiter. Im Positiven, also bei der Gefahren- und Terrorismusabwehr, wie im Negativen bei einem massiven Eingriff in Bürgerrechte und einer Kategorisierung von Menschen durch einen Algorithmus.
Nationale Interessen im Vordergrund?
Wenn nächstes Jahr der, längst fertiggestellte, zweite Teil von Mission Impossible 7 ins Kino kommt, wird es spannend sein, ob der Plot dann realistischer oder unrealistischer wirkt und ob ein paar der Fragen beantwortet sind. Ein scheint aber klar: Künstliche Intelligenz ist nicht geeignet um nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen und eine Technologie möglichst alleine beherrschen zu können. Dies gilt auch für Unternehmen. Natürlich müssen Milliarden-Investitionen auch amortisiert werden. Und natürlich gibt es berechtigte Sicherheitsinteressen. Aber angesichts der mächtigen und disruptiven Bedeutung der KI für unsere gesellschaftliche Zukunft sollte vor allem das Gemeinwohl für alle Menschen -weltweit- im Mittelpunkt stehen. KI darf keine Militärmacht sein und auch nicht Grundlage einer wirtschaftlichen Dominanz. Aber sie kann und wird Ansporn sein. Ansporn für kreative Startups, für eine bessere digitale Verwaltung und für Themen wie den Natur- und Umweltschutz. Dafür braucht es dann auch keinen Agenten Ethan Hunt des IMF, der die Welt vor der Entität rettet.
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