Wie Großevents von KI profitieren können
Künstliche Intelligenz auf dem Oktoberfest
Mit sonnigen Tagen und einem Besucherrekord von 7,2 Millionen Menschen ist das diesjährige Oktoberfest gestern in München zu Ende gegangen. Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner, die Wirte und Aussteller zeigten sich zufrieden. Die Statistik der Polizei für die Wiesn 2023 ist positiv und der Sanitätsdienst vermeldete rund 7.600 Patienten, aber weniger volltrunkene Jugendliche. Aufgrund des überwiegend hervorragenden Wetters stieg auch der Anteil an nichtalkoholischen Getränken. Soweit, eine normale Bilanz der Verantwortlichen, mit Statistik-Kennzahlen, wie wir sie traditionell seit vielen Jahren kennen. Vor Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz.
Aber natürlich hat die KI auch auf dem Oktoberfest Einzug erhalten, noch mehr aber auf weiteren weltweiten Volksfesten und Großveranstaltungen. Oder zumindest hilfreiche Technologie, die ihrerseits mit Hilfe von KI entwickelt und optimiert worden sind. Das wirkliche Potenzial an möglicher KI-Nutzung liegt dagegen noch brach, da die Einsatzszenarien oft mit Kameraüberwachung und anderen datenschutzrechtlich sensiblen Themen verbunden sind. Dennoch lohnt sowohl ein Blick nach München wie auch in das Ausland.
Der offiziell kommunizierte Einsatz von Technologie mit KI-Unterstützung auf dem Oktoberfest betrifft die medizinische Betreuung, den Sanitätsdienst. Das größte Volksfest der Welt zieht Besucher rund um den Globus an und entsprechend wichtig ist im Notfall eine verbesserte Verständlichkeit mit den Patienten, die im Zweifel zwar Englisch sprechen können, sich aber natürlich in ihrer Muttersprache präziser zu akuten Beschwerden äußern können. Moderne Technik macht es möglich schon beim Noteinsatz auf dem Festgelände in viel mehr Sprachen zu kommunizieren. Ein zweiter Trend ist die Entlastung der Krankenhäuser. Je besser eine Behandlung bereits vor Ort im Sanitätszentrum auf der Theresienwiese erfolgen kann, um so besser für die Logistik und den Patienten. Bei der Mehrzahl der Patienten, sei es mit Alkoholvergiftung, Kreislaufproblemen oder Schnittwunden ist dies Routine.
Seit einiger Zeit gibt es aber auch radiologische Hightech-Gerät vor Ort. Und hier kommt KI-Power sehr vorteilhaft in der Analyse zum Einsatz. Denn die Schichtbilder müssen ja interpretiert werden. Auf dem Oktoberfest kommt daher Software zum Einsatz, die Scans im Hinblick auf Symptom-Merkmale untersuchen kann und damit den Ärzten auch in typischen Stresssituationen auf so einem Großevent hilfreich entlasten kann. Eine dreistellige Zahl an radiologischen CRT/MRT-Scans werden während der 18 Tage der Wiesn vor Ort vorgenommen. Damit rechtfertigen sich die hohen Kosten für den Hightech-Einsatz. Dies wäre bei kleineren Volksfesten und Veranstaltungen noch nicht der Fall.
Dank KI sind Sicherheit und Nachhaltigkeit kein Zufall
Die Einsatzszenarien von Künstlicher Intelligenz auf Großveranstaltungen und Volksfesten sind schon heute wesentlich umfangreicher. Und im Ausland werden diese auch schon verstärkt genutzt, mehr oder weniger offen kommuniziert. Beispiele sind:
Sicherheit und Gefahren-Früherkennung
Besucherfluss-Management
Effizienterer Personal- und Ressourcen-Einsatz
Personalisierung und Optimierung der Besuchererlebnisse
Nachhaltigkeit und Umweltschutz
Vorausgesetzt, dass ethische und rechtliche Fragen geklärt sind, kann KI viele Probleme lösen, die Veranstaltern und Behörden heute noch regelmäßig große Sorgen machen. Denn alle Veranstaltungs- und Sicherheitskonzepte basieren auf Erfahrungswerten und Prognosen. Die frühzeitige Erkennung von abweichenden, außergewöhnlichen Vorkommnissen ist selbst für erfahrene Event- und Sicherheitsverantwortliche nicht immer einfach und die resultierenden Maßnahmen setzen dann eine Missverständnis freie Kommunikation und spontane Umsetzung voraus. Pannen und menschliche Fehlentscheidung sind dabei möglich und nicht die absolute Ausnahme. Aber auch aus Besuchersicht entstehen oftmals unangenehme und vielleicht sogar gefährliche Situationen, wie Gedrängel oder Panik, durch fehlende Informationen. Und bis heute gibt es kaum eine Großveranstaltung, die -trotz bestem Vorsatz- konsequent ressourcenschonend und nachhaltig durchgeführt wird. Dies beginnt beim Energiemanagement und endet bei der Lebensmittelentsorgung. Auf ein und derselben Veranstaltung kann es an der einen Ecke des Geländes zu einem Engpass an Speisen und Getränken kommen und wenige Meter weiter müssen eventuell die gleichen Produkte aufgrund von Verordnungen entsorgt werden.
Traffic- und Ressourcen-Management
Einer der größten Vorteile von KI ist die Verbesserung der Sicherheit bei Großveranstaltungen. Überwachungskameras mit Gesichtserkennung können zur Identifizierung von gesuchten Personen oder zur Kontrolle von Menschenmassen eingesetzt werden. In Kombination mit Verhaltensanalyse-Algorithmen können sie sogar potenzielle Gefahrensituationen frühzeitig erkennen. Im Hintergrund arbeiten intelligente Algorithmen daran, den Verkehr der Besucherströme zu managen. KI kann durch Sensoren und Kameras den Fluss der Menschenmengen in Echtzeit verfolgen. Stellen diese Systeme ein ungewöhnliches Gedränge an einem bestimmten Ausgang, einer Attraktion oder einem Festzelt fest, können sie die Organisatoren sofort alarmieren. Umgekehrt können die Besucher aber auch früher und besser informiert werden – ähnlich wie bei einem modernen Navigationssystem. Die KI kann Displays und Besucher-Apps mit den Wartezeiten bei Attraktionen versorgen oder informieren in welchem Festzelt, Biergarten oder Restaurant noch Plätze frei sind.
KI-Systeme können den Energieverbrauch der Veranstaltung steuern, den Abfall minimieren und sogar den CO2-Fußabdruck berechnen. Bei Großveranstaltungen beginnt dies bei der Energiesteuerung. Insbesondere bei Volksfesten mit Fahrgeschäften, die sehr viel Strom benötigen. Durch KI-Systeme kann der Energieverbrauch in Echtzeit überwacht werden. Fällt beispielsweise auf, dass ein Fahrgeschäft gerade nicht in Betrieb ist, kann die Energieversorgung automatisch gedrosselt werden. Und KI-gesteuerte Müllsortierungsroboter trennen vor Ort bereits die Abfälle und verbessern die Recyclingrate. Idealerweise hilft die KI aber vor allem in der Echtzeitüberprüfung der Eventplanung im Hinblick auf Personalbedarf und benötigte Lebensmittel.
Engere Abstimmung von Veranstaltern und Behörden
Viele Optimierungsmaßnahmen mit Hilfe der KI setzen einen Einsatz in übergreifender Abstimmung zwischen Veranstalter, Behörden und allen beteiligten Ausstellern und Wirten voraus. Am Beispiel des Oktoberfests mit einer Vielzahl an Wirten und einer Vielzahl an Ausstellern kann dies nicht in Flickenteppich-Manier, sondern eher mit dem Ressort-Denken aus der Touristik funktionieren. Die teilweise rustikal-historisch anmutende Heterogenität, die schon bei den vielen eigenständigen und eigenwilligen Reservierungsprozessen für Festzelttische beginnt, hat ihren Charme ist aber für ein optimiertes Besuchererlebnis und eine umfassende, gewinnbringende, KI-Steuerung hinderlich. Die Künstliche Intelligenz kommt weltweit am breitesten auf den Veranstaltungen zum Einsatz, die einen Hauptveranstalter haben, der zwar Sublizenzen an Gastronomieunternehmer und Attraktionen vergibt, jedoch im Ressort-Prinzip für eine einheitliche Logistik und ein ganzheitliches Besuchererlebnis sorgt. Dies entspricht nicht dem Wesen einer Traditionsveranstaltung wie dem Oktoberfest mit einer Stadt München als Veranstalter, die sich ja zurecht nicht als kommerzielles Eventunternehmen versteht. Dennoch gibt es ein riesiges Potenzial und auch die Notwendigkeit für alle Veranstalter sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nutzenorientiert. Für die rechtlichen Grundlagen des KI-Einsatzes (und auch klaren Regulierungen, wo notwendig) muss die Politik sorgen. Viele der mehr als sieben Millionen Besucher würden sich sicherlich freuen, wenn der typische, traditionelle Charakter des Oktoberfests erhalten bleibt, aber im Hintergrund eine KI-unterstützte Logistik und ein Besuchermanagement für ein noch besseres Besuchserlebnis, für die Vermeidung oder Früherkennung von gefährlichen Situationen und für eine ressourcenschonendere und nachhaltigere Wiesn sorgt.
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