Unternehmen sehen Klärungsbedarf
Experten-Studie zum geplanten Europäischen AI Act vorgestellt
Eine aktuelle Studie von Digital Europe hat sich mit dem bestehenden Entwurf des gepIanten AI Act der Europäischen Union befasst. In dem Bemühen, die potenziellen Auswirkungen des vorgeschlagenen KI-Gesetzes auf europäische Start-ups und KMU zu bewerten, wurde dafür eine vorregulatorische Sandbox-Initiative mit ausgewählten Unternehmen und Experten gestartet. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen der vorgeschlagenen Gesetzgebung zu bewerten und möglicherweise Empfehlungen und Einschätzungen an den Gesetzgeber geben zu können.
Bei der dazu durchgeführten Live Veranstaltung haben die eingeladenen Teilnehmer kritisch diskutiert und ihre Evaluierung zur bevorstehenden Regulierung zum Ausdruck gebracht. Dabei wurden auch Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf europäische Innovationen, Investitionen und Marktanteile geäußert. Im Besonderen wiesen die Teilnehmer auf Lücken in der operativen Auslegung und im Verständnis von Risikokategorien sowie auf das Haftungsrisiko aufgrund des Fehlens bestehender Standards hin.
Chance für eigenständige Goldstandards
Die Ungewissheit in Bezug auf die Anforderungen an die Einhaltung formaler harmonisierter Standards war ebenfalls ein Punkt zur Besorgnis, ebenso wie die möglichen Auswirkungen des AI Act auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Trotz dieser Bedenken äußerten sich die Teilnehmer grundsätzliche Dinge positiv über die Notwendigkeit einer KI-Regulierung. Die Bedeutung der Integration von Sandboxing in die EU-Grundsätze für eine bessere Rechtsetzung wurde bestätigt. Eine veröffentlichten Bericht zufolge wurde zwischen dem 2. März und dem 20. April 2023 eine Reihe von Tiefeninterviews mit neun Start-ups und kleinen bis mittleren Unternehmen (KMU) in Europa geführt. Ziel der Interviews war es, ein umfassendes Verständnis für die aktuelle Situation dieser Unternehmen zu gewinnen. Zudem untersuchten die Forscher die Compliance- und Marktstrategien der Teilnehmer in Bezug auf das vorgeschlagene KI-Gesetz. Das Hauptziel bestand darin, die Auswirkungen des Gesetzes auf die jeweiligen Unternehmen und die Unternehmenslandschaft im Allgemeinen zu ermitteln.
Der Bericht enthält sechs wichtige Empfehlungen, um zu gewährleisten, dass das kommende KI-Gesetz und seine regulatorischen Sandkästen ein angemessenes Maß an Compliance und Wettbewerbsfähigkeit für europäische Unternehmen fördern können. Der Bericht schlägt vor, dass jede Regulierung von einem Investitionsplan begleitet werden sollte und dass der AI deutlich mehr Klarheit im Detail über die genauen Anwendungsbereiche benötigt. Die Teilnehmer der Studie gehen davon aus, dass die Einhaltung der Vorschriften nicht gleichmäßig über die gesamte Europäische Union verteilt sein wird. Darüber hinaus glauben einige Teilnehmer, dass diese ungleiche Verteilung ihnen möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil gegenüber außereuropäischen Anbietern verschaffen könnte. Laut der Studie gibt es unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich der Dauer der Einhaltung der Vorschriften, wobei einige mit einem Zeitrahmen von 6-12 Monaten rechnen und andere einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten prognostizieren.
Mit den USA und China Schritt halten
Das Fehlen etablierter Richtlinien und Materialien schaffen aktuell mehr Unklarheit über die erwarteten Vorteile. Die durchgeführten Interviews mit Teilnehmern ergaben, dass das vorgeschlagene AI-Gesetz bei der Mehrheit der Befragten nicht umfassend bekannt war. Darüber hinaus scheint ein erheblicher Mangel an Klarheit hinsichtlich der Einstufung von AI Angeboten in Risikokategorien, der relevanten technischen Normen und der potenziellen Haftungsrisiken für AI Service Anbieter zu bestehen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass weitere Aufklärung und Klarstellung notwendig sein könnten, um sicherzustellen, dass das AI-Gesetz wirksam umgesetzt und von allen Betroffenen im EU Gebiet umgesetzt und verstanden werden kann. Die Teilnehmer der Studie gehen davon aus, dass die finanziellen Auswirkungen der Einhaltung des Gesetzes in erster Linie durch zusätzliche, noch nicht absehbare Kosten bestimmt werden. Auch die Definition von KI und die Klassifizierung von Risiken sind nach Ansicht von Fachleuten nach wie vor unsicher und unklar. Dies hat zu Verwirrung und Herausforderungen bei der effektiven Bewertung und Handhabung der mit KI verbundenen Risiken geführt. Einigen Teilnehmern zufolge könnte sich das KI-Gesetz nachteilig auf die Innovation in der Europäischen Union auswirken. Dies ist besonders besorgniserregend, da KI weithin als die Technologie angesehen wird, die die nächste industrielle Revolution untermauern wird.
Infolgedessen gibt es einen weit verbreiteten Ruf nach zusätzlicher Klärung, bevor Maßnahmen ergriffen werden. Die europäische KI-Industrie steht vor einer großen Herausforderung, denn sie kämpft darum, mit den USA und China Schritt zu halten. Obwohl Europa mit Vorschriften beschäftigt ist, versäumt es, die notwendigen Investitionen in KI zu tätigen. Dieser Mangel an Investitionen führt dazu, dass sich die Kluft zwischen Europa und seinen Konkurrenten vergrößert und der Kontinent zunehmend von US-amerikanischer oder chinesischer Technologie abhängt.
Bedeutung der Compliance
Die Teilnehmer der Studie wiesen darauf hin, wie wichtig es ist, sich an bestimmte Standards zu halten und zuverlässige Informationsquellen zu nutzen. Dazu gehörten die ALTAI-Bewertung, die KI-HLEG-Ethikrichtlinien für vertrauenswürdige KI und Standards für verantwortungsvolle KI, die von verschiedenen Ländern, Privatunternehmen und lokalen Regulierungsbehörden herausgegeben wurden. Die Teilnehmer betonten die Bedeutung dieser Richtlinien für die Gewährleistung einer ethischen und verantwortungsvollen Entwicklung der KI-Technologie. Das Interesse an der Entwicklung harmonisierter Normen für künstliche Intelligenz (KI) nimmt unter den Teilnehmern der europäischen Normungsorganisationen zu.
Die Nachfrage nach Angeboten rund um künstlicher Intelligenz (KI) wird weiter steigen und die Marktteilnehmer wollen sicherstellen, dass die Technologie auf sichere und effektive Weise entwickelt und eingesetzt wird. Viele suchen daher die Zusammenarbeit mit Normungsorganisationen, um einen Rahmen für den verantwortungsvollen Einsatz von KI zu schaffen. Auch die Frage, wer die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften trägt, wer letztendlich haftet und welche Methoden zur Messung von Verzerrungen und Datenqualitätsanforderungen festgelegt werden benötigen laut der Studie noch weiterer Detailklärung. Mit der zunehmenden Einführung von künstlicher Intelligenz (KI) erkennen die Unternehmen die Bedeutung der Compliance in diesem Bereich. Zwei Schlüsselbereiche, in denen mehr Unterstützung durch den Gesetzgeber eingefordert wird, sind rechtliche Dienstleistungen, die von Compliance-Teams oder Anwaltskanzleien erbracht werden, und zusätzliche Ressourcen, um die neuen Anforderungen an Arbeitsweisen sowie Forschung und Entwicklung (F&E) von KI-Anwendungen umzusetzen.
Die Studie geht davon aus, dass das kommende KI-Gesetz eine neue Welle von Unternehmen der mittleren Ebene und Beratungsfirmen hervorbringen wird, die Dienstleistungen zur Unterstützung der Zertifizierung anbieten werden. Die Einschätzung zu Zeitrahmen und Kostenrahmen, der für die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen des AI-Gesetzes erforderlich ist, stellt eine nicht unbedeutende Herausforderung dar, da die genaue Art der Anforderungen des endgültigen Textes und ihre Auswirkungen unklar bleiben. Dennoch gehen die Experten davon aus dass durch die Festlegung klarer Richtlinien und Standards für die KI-Entwicklung das Vertrauen und die Verantwortlichkeit in der Branche gefördert werden. Dies wird letztlich zu mehr Innovation und Fortschritt im Bereich der KI führen wird.
Die Studie von Digital Europe zum PDF-Abruf:
https://cdn.digitaleurope.org/uploads/2023/06/DIGITAL-EUROPE-SANDBOXING-THE-AI-ACT_FINAL_WEB_SPREADS-1.pdf